Dienstag, 4. Oktober 2016

Vom Raucher zum Halbmarathon

Ist es tatsächlich schon ein ganzes Jahr her? Ein ganzes Jahr Nichtraucher und auch ein ganzes Jahr aktiver Läufer. Als ich mich vor einem Jahr (mal wieder) dazu entschlossen hatte nicht zu rauchen war das Laufen für mich nur ein Mittel zum Zweck. Ich wollte mich ablenken und vor allem wollte ich nicht schon wieder Nichtraucherkilos mit mir rumschleppen. Mein Mann sagt zwar, lieber dick, als total verpestet, aber ich fühle mich einfach unwohl wenn ich ne Wampe mit mir rumschleppe.
Aus dem Mittel zum Zweck entwickelte sich ganz schnell aktive Begeisterung und echte Leidenschaft für das Laufen. Wenn man sich dann mal ernsthaft mit dem Thema Laufen auseinandersetzt, stellt man fest, dass ein guter Läufer generell gestärkt und fit sein sollte, um diversen Verletzungen einfach vorzubeugen. Also kamen dann auch ganz schnell Kraft- und Stabilisationstraining dazu. Mehrmals die Woche aktiv zu sein, nahezu täglich Sport zu machen gehörte jetzt einfach zu meinem Leben dazu. Und ich liebe es. Na gut, ich liebe es nicht immer. Aber dann, wenn ich es dennoch durchgezogen habe, fühle ich mich super und all der Unmut ist verflogen. Aber diese Momente, dass ich keinen Sport machen möchte sind selten. Eigentlich muss ich mich nicht motivieren Sport zu machen. Das Schöne ist, ich kann mir aussuchen, ob ich laufen, Fahrrad/Rennrad fahren, Schwimmen oder ein paar Gewichte im Studio stemmen möchte. 
Anfänglich wurden mir schon ein paar Steine in den Weg gelegt, in Form von der ein oder anderen Verletzung. Aber (und auch wenn ich die Astronomie nicht sooo ernst nehme) ich bin ein Steinbock und steinige Wege sind mir bekannt. Zudem besitze ich enorm viel Ehrgeiz, habe ich einmal Feuer gefangen. Und wenn mir etwas schwierig erscheint oder ich an mir zweifle, dann sage ich mir immer: "Wer will, der kann!" Daran glaube und halte ich fest. Mein Mantra. Wer will, der kann. Wer will, der kann...
Aber was genau will ich denn? Nun erst einmal will ich dran bleiben. Ich möchte mein aktives Leben weiterführen und weiter entwickeln. Ich kann Menschen nicht verstehen, die immer davon träumen oder schwärmen irgendwo faul rum zu liegen. Nichts zu tun. Blöd fern zu sehen. Wie kann das einen glücklich machen?
Wenn ich laufe, freue ich mich immer über all die Menschen die ebenfalls die Laufschuhe geschnürt haben. Und es werden immer mehr. Immer mehr Leute gehen endlich raus und laufen einfach. Ist doch gar nicht so schwer. Es beginnt mit dem ersten Schritt. 
Ich hätte auch nie gedacht, dass ich mal so ein begeisterter Läufer werden würde. Denn ja, ich fand Laufen einfach furchtbar. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass diese Schmerzen jemals besser werden würden. Aber sie wurden besser und lösten sich auf. Bereits nach wenigen Wochen spürte ich wie mein Körper plötzlich ganz anders mit dieser Belastung umging. Und das obwohl ich so lange Raucher war. Von da an war es um mich geschehen. Laufliebe!!!
Mittlerweile hat sich zum Laufen auch noch das Rennrad fahren gesellt. Fahrrad bin ich ja auch schon zu Raucherzeiten gefahren und hatte bereits geplant mir irgendwann ein Rennrad zuzulegen. Letzte Weihnachten bekam ich dann endlich eins geschenkt. Nun...und wenn man dann so läuft und Rennrad fährt denkt man sich irgendwann, dass man ja eigentlich auch mal einen Triathlon versuchen könnte. Und heyyy, da gibt es sogar so kurze Distanzen, dass auch normal Sterbliche das schaffen können. Dieses Jahr hab ich mich noch nicht getraut, dafür hatte ich einfach zu wenig Training. Ich bin auch, zugegeben, ein echter Trainingsplanmuffel. Doch nächstes Jahr möchte ich dann den ersten Triathlon wagen. Ich bin jetzt schon aufgeregt.
Ob ich jemals einen Marathon laufen werde? Also Marathon...hui, das ist echt hart. Als normal Sterblicher läufst du ja zwischen 4 und 5 Stunden. Am Stück. Mach das mal. Vielleicht werde ich es irgendwann einmal versuchen. Aber bisher reichen mir die 21 km völlig. Aber sage niemals nie. 
Ich feiere mich. Ein Jahr nicht geraucht. Yay! Ja klar, rauchen ist ganz nett, wenn man sich langweilt. Man ist ein Sklave des Qualms. Der Glimmstengel hat dich und dein Leben unter Kontrolle (von wenigen Ausnahmen mal abgesehen). Als Ex-Raucher wird die Sucht leider auch immer irgendwo in einer dunklen Ecke sitzen und auf eine gute Gelegenheit warten. Dessen sollte man sich bewusst sein. Wie viele haben nach jahrelanger Abstinenz wieder angefangen?! Zu denen ich leider auch zähle. Als ich bereits vier Jahre ein NR war, wurde ich in dieser Zeit zwei mal rückfällig. Aber auch hier gilt Wer will, der kann . Es scheint ganz einfach zu sein. Ist es auch, wenn man es denn auch will. ;-)
Ach ja (seufz) ich will... ja und ich will laufen. Ich will die ruhigen Waldwege entlang laufen, die feuchte Erde, das Laub riechen, den Wind in den Bäumen rascheln hören. Die Sonne auf meiner Haut spüren. Oder den Wind, wie er mich kühlt und wieder auflädt. Den Asphalt unter meinen Füßen. Tapp, Tapp, Tapp. Mich kurz ins Gras setzen und tief einatmen und entspannen. Wenn ich draußen bin und laufe, wahlweise auch Rennrad fahre, dann fühle ich mich glücklich. Danke Körper, dass du so wunderbar funktionierst.
A pro pos funktionieren. Am 3.10.16, also gestern, bin ich meinen ersten offiziellen Halbmarathon gelaufen. Eigentlich wollte ich kneifen und erst nächstes Jahr im März den ersten laufen, doch irgendwie ergab es sich, dass ich mich doch noch anmelden konnte und so lief ich also gestern meine ersten offiziellen 21 Kilometer. Ich war innerlich ganz schön aufgewühlt, weil ich mir wirklich Sorgen machte, ob ich mich da nicht etwas übernehmen würde. Denn ich bin schon 10 Kilometer gelaufen, wo ich hinterher total alle war. Ich konnte mir also kaum vorstellen, dass ich die 21km besser überstehen würde. Und dann ist da ja noch die Sache mit meinem Mitralklappenprolaps, aber darauf möchte ich jetzt nicht rumreiten. Ich möchte nur sagen, dass diese Tatsache mir Sorgen machte. 
Ich weiß nicht woran es lag, aber ich bin die 21 km durchgelaufen. Ich bin lediglich an drei Versorgungsständen kurz angehalten, damit ich ordentlich was trinken konnte, ich kann einfach nicht während des Laufens trinken. Meine Wunschzielzeit lag zwischen 2:00 und 2:15 h. Unter 2 Stunden habe ich mir aber insgeheim gewünscht, denn ich wusste, dass ich es rein theoretisch schaffen könnte. Deswegen habe ich mich dann einfach mal dem 2h-Pacer angeschlossen und auf das Beste gehofft. Die ganze Zeit hatte ich im Hinterkopf, das sobald mein Herz mucken machen sollte, ich sofort aufhören werde. Aber es kam nix. Auch der Mann mit dem Hammer kam nicht. Ein Glück. Aber ich muss sagen, die letzten drei Kilometer zogen sich ganz schön und durch die musste ich mich durchkämpfen.
Aber es hat sich gelohnt. Mit einem Sprint über die Ziellinie kam ich dann nach 1:57:55 an. Hinter dem Ziel hat mich dann ein schweißgebadeter Mann freundlich beglückwünscht und in den schweißnassen Arm genommen o_O und dann hätte ich auch noch beinahe vergessen mir eine Medaille mitzunehmen :D Mit meiner erlaufenen Zeit bin ich auf dem sagenhaften 165. Platz der weiblichen Teilnehmer gekommen und immerhin 21. in meiner Altersklasse Seniorinnen W35. Es gab übrigens 554 Teilnehmerinnen und 1455 Teilnehmer. Der schnellste Mann brauchte nur 1:12:28 und die schnellste Frau 1:24:28. 1:12:28 für 21 Kilometer, das muss man sich mal vorstellen. Das sind 3:26 pro Kilometer. Zum Vergleich ich bin pro Kilometer 5:35 gelaufen. Als ich damals anfing zu laufen, war mein Ziel 10 km unter einer Stunde zu laufen. Hab ich geschafft ;-) Jetzt hab ich sogar 21 km unter 2 Stunden geschafft. Ich brauche neue Ziele an denen ich arbeiten kann. Schön wäre z.B. 10 km in 50 Minuten oder auch 5 km in unter 25 Minuten. Mal sehen, was alles noch möglich ist. Heute habe ich jedenfalls wahnsinnigen Muskelkater in den Oberschenkeln. Ich kann kaum die Treppen runter gehen oder mich hinsetzen. Aber ich stehe ja auch ein bisschen auf Muskelkater ;-) Und nach ein paar Tagen ist der auch wieder weg. Und dann gehts wieder los.
Vor einem Jahr entsagte ich dem Rauch und begann zu laufen. Wer hätte gedacht, dass ich ein Jahr später den Halbmarathon finishe :-)